Mein Mann war mit der Stasi im Bett. Das ist schon lange her und es war keine Absicht. Es ist nicht so, dass er "sich nicht mehr erinnern" kann. Er wusste es anfangs schlicht nicht. Das Ministerium für Staatssicherheit hatte ihm einen "Gay Romeo" auf den Hals gehetzt, um Licht in das oft nur von Kerzen beschienene Dunkel der Schwulen-, Künstler- und Intellektuellenszene in Prenzlauer Berg zu bringen. Dass es sich bei dem jungen Mann, in den er sich verliebt hatte, um einen Stasimann gehandelt hatte, erfuhr er erst, als dieser seine Dienstanweisung überschritt. Der "Gay Romeo" hatte sich in das auszuhorchende Objekt verliebt.
Und schwupps hatte die Liebe der Staatsmacht ein Schnippchen geschlagen, aus war es mit Konspiration und Überwachung. Fortan erzählten beide jedem, egal ob er es wissen wollte oder nicht, dass die Firma Horch & Guck bei ihnen auf der Matte rumstünde, wie ein Staubsaugervertreter im Westen.
Das ist nun auch schon über zwanzig Jahre her, und ich überwache meinen Mann höchstens, indem ich ab und zu mal eine freundliche Drohmail an seine "Gay Romeo"-Adresse schicke, jener schwulen Web-Community, die man auch das "Schwule Einwohnermeldeamt" nennt. Doch während ehemalige Stasimitarbeiter mit Gedächtnisstörungen - die womöglich der allgemeinen "Informationsüberflutung durch die neuen Medien" geschuldet sind - weiterhin politisch aktiv sind, hat sich das mit der aufwendigen Überwachung und Ausschnüffelung der Bürger im Prinzip erledigt.
Dann im Krankenhaus, ein Gespräch:
Herr Dr C: Ja, richtig, der Hitlerbart ist nun nicht so toll. Jedenfalls nicht in diesem Land, nicht Wahr?
JB: Genau.
Herr Dr C: Also, bis zum 12 Januar, zum Hitlerbartabschneiden, ja? Und Ihnen frohe Weihnachtstage.
Dann in der U-Bahn wieder, ein Bild:
© icke
Dann zu Hause, eine SMS von J:
"Sur la route de Montreuil, j'écoute Peter Fox et sa Haus am See, je pense à toi et t'embrasse fort."
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