Sie behaupten auch, dass Dancehall und der Aufstieg von "Slackness" neue Freiräume für Frauen eröffnet haben.
Der schwarze Körper wurde in der Regel als hässlich beschrieben. Dancehall eröffnet Frauen aber einen Raum, in dem sie sich als schön erleben können. Reduziert man Dancehall auf seine "Frauenfeindlichkeit", dann verkennt man, dass Frauen hier sexuelle Macht reklamieren. Tanya Stephens affirmiert zum Beispiel sexuelles Verlangen wenn sie "Me want a man weh have a big ninja bike fi me ride pan" - "Ich will einen Mann mit einem Ninja Bike (Anm. Slang für japanische Motorräder; ), das ich reiten kann" singt. Diese Darstellung von Sexualität greift fundamental-religiöse Vorstellungen an. Ironischerweise unterstützt Dancehall aber genau die gleiche religiöse Vorstellungswelt, wenn dort Homosexualität wie im alten Testament verteufelt wird. Wenn man über Dancehall und Politik redet, muss man über die Machtverteilung zwischen verschiedenen sozialen Gruppen reden. Dancehall bestärkt dabei die Werte einer Arbeiterklasse, die als Außen einer "respektablen" Mittelklasse definiert sind.
Homophobie im Dancehall ist also Ausdruck von Klassenkonflikten?
Nein, in Jamaica ist Homophobie auch unter Reichen verbreitet. Sie kommt aus dem fundamentalistischen Christentum. In der Frage von Homosexualität gehen der Dancehall-DJ und der fundamentalistische Priester konform.
Wem nutzt denn die Homophobie auf Jamaika?
In erster Linie den DJs. Wenn die Performance nicht gut läuft, spielt man einen "battyman tune" und erzielt einen leicht verdienten "Forward!". Aber das wird auch kritisiert. Es werden Forderungen laut, dass Texte aus mehr als der Formel "All battyman fi dead!" bestehen müssen.
Sie schreiben, dass die Mittelklasse ihre Homophobie nicht in Gewaltphantasien ausdrückt.
Ja, jamaikanische Kultur ist als Ganze homophob. Aber diese Homophobie drückt sich unterschiedlich aus. Die Mittelklasse spricht Englisch, die Arbeiterklasse spricht Jamaikanisch. Auf Jamaikanisch werden abstrakte Ideen häufig als Metapher ausgedrückt. Menschen aus der Mittelklasse würden "Ich kann Homosexualität nicht gutheißen" sagen, während man in der Arbeiterklasse den gleichen Gedanken mit gewalttätig klingenden Metaphern ausdrücken würde - "All battyman fi dead". Wenn Buju Banton "Boom By By inna batty bwoy head" singt, verbalisiert er damit Pistolenschüsse. Die nächsten Zeilen "Rude bwoy no promote no nasty man/Dem haffi dead" sind in einer Sprache gehalten, die dem Buch Leviticus ähnelt. Hier werden reale Ängste gegenüber Homosexualität in eine Sprache übersetzt, die es den Menschen erlaubt, diese Ängste zu artikulieren ohne tatsächlich gewalttätig zu werden.
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